Dienstag, 12.09.2023
Tourismus Oberstdorf
Signet

Auf verbotenen Pfaden

Sie sind mehr als nur schöne Wanderwege in den Bergen: Sie sind Schauplätze historischer Geschichten und längst vergangener Tragödien. Einer dieser geschichtsträchtigen Schmugglerpfade ist der Schrofenpass bei Oberstdorf:

Es ist ein nebliger Herbsttag im Oktober 1909. Die kühle Luft schmeckt nach Schnee und lässt erahnen, dass der Winter nicht mehr lange auf sich warten lässt.
Vor allem Seraphin Berktold und Hans Stanger, die schon seit der Dämmerung in einem Latschengestrüpp auf der Lauer liegen, macht die Kälte zu schaffen.

Sie verharren jedoch in ihrem Versteck, denn sie wollen die Wilderer abpassen, die jedes Jahr aufs Neue über den Schrofenpass kommen.

Die Hirten sind mit ihren Viehherden schön längst wieder ins Tal gezogen und haben die Alphütten leer zurückgelassen.

Auf einmal wird die Stille des frühen Morgens durch laute Schüsse durchbrochen. Es ist das Zeichen, auf das die Jäger gewartet haben. Nun beginnt die Jagd.

Auf die Wilderei stehen zu dieser Zeit hohe Strafen. Wer mehrfach erwischt wird riskiert schon mal den Tod am Galgen.

Trotzdem handelt es sich dabei um kein unbekanntes Szenario im Rappenalptal.
Der Schrofenpass ist ein schmaler Gebirgspfad, der am Ende des Tals direkt durch steil abfallende Felswände führt. Der Pfad verbindet den Ort Oberstdorf mit dem Tirol. Ursprünglich wurde die Strecke als Handelsweg angelegt. Viehhändler, Salzsäumer und viele mehr nahmen den anstrengenden Aufstieg regelmäßig in Kauf, um ihre Waren in der Gemeinde Oberstdorf verkaufen zu können. Zeitweise wurde auf dem Schrofenpass sogar eine Zollstation eingerichtet.

Neben den offiziellen Handelsgeschäften, war der Gebirgspfad aber auch attraktiv für andere, zwielichtigere Aktivitäten. In einer Zeit, in der Armut und Hunger sehr verbreitet waren, gehörten Schmuggel und Wilderei zum Tagesgeschäft.

Heute trifft man keine Wilderer mehr im Rappenalptal. Der schmale Schrofenpass windet sich aber nach wie vor durch die Felswände hindurch und führt mit spektakulären Ausblicken bergauf.
Schwindelfreiheit und Trittsicherheit sind Voraussetzung, damit man den Spuren der früheren Schmuggler und Wilderer folgen kann.

Über den Schrofenpass führt auch die anspruchsvolle Heckmair-Route. Eine Mountainbike-Strecke die von Oberstdorf nach Riva am Gardasee in Italien verläuft.

Die Route ist nach dem Oberstdorfer Andreas Heckmair benannt, dem Sohn des berühmten Bergsteigers Anderl Heckmair.
Andreas Heckmair hat die Route im Jahr 1989 ausgearbeitet und befahren, wodurch sie zu einer bekannten und herausfordernden Mountainbike-Strecke wurde.
Sie gilt als erste Alpenüberquerung mit dem Mountainbike.

Noch heute ist die ursprüngliche Routenführung berühmt-berüchtigt. Wo andere Transalp-Strecken schwierigen alpinen Auf- und Abfahrten ausweichen, führt die Heckmair-Strecke mitten durch die Alpen. Passagen bei denen das Fahrrad über längere Zeit getragen werden muss, sind dabei keine Seltenheit. Doch genau das macht die Strecke auch aus. Autostraßen werden überwiegend gemieden und atemberaubende Aussichten entlohnen für anstrengende Aufstiege und schmerzende Schultern.
Wer die Route zurücklegt, überwindet dabei eine Strecke von 312 Kilometer und eine Höhendifferenz von 13.500 Metern.

Kein Happy End
Ein kleines, altes Eisenschild am Schrofenpass berichtet von dem tragischen Ausgang der Wilderergeschichte von 1909.

Die beiden Jäger konnten die Wildschützen, deren Schüsse sie verraten hatten, tatsächlich am Schrofenpass stellen. Durch eine Verwechslung, einen vermeintlichen Angriff, kam Hermann Moosbrugger, einer der beiden Wilderer ums Leben.

Er erlag der Schusswunde, die ihm zur Selbstverteidigung von einem der Jäger zugefügt wurde.
Heute erinnert am Schrofenpass nur noch die Gedenktafel an die tragischen Ereignisse von damals.
Mit seiner geschichtsträchtigen Vergangenheit als Schmugglerpfad und den atemberaubenden Aussichten auf den Allgäuer Hauptkamm ist der Schrofenpass ein ganz besonderer Ort in den Oberstdorfer Bergen.

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